Freitag, 12. Juni 2020

Buen Camino … du mich auch - Karolin Jäger

Gesponserte Produktplatzierung - Rezensionsexemplar
Preis: € 2,49 [D]
Verlag: Amazon Publishing
Seiten: 377
Format: Ebook
Reihe: -
Erscheinungsdatum: 09.06.2020


Ein amüsanter, frecher und schonungslos ehrlicher Bericht über eine Reise auf dem Jakobsweg – zwei Monate, die Karolin Jägers Leben für immer veränderten.

»Mittlerweile überholten mich bereits die 80-Jährigen, und ihr ›Buen Camino‹ begann, in meinen Ohren hämisch zu klingen. Ja, von wegen ›buen‹! Bitte, wo ist dieser Weg gut? Mir war schon lange das Zurückgrüßen vergangen. Mit jedem weiteren Pilger, der mich überholte und mir diese Worte an den Kopf knallte, musste ich mehr an mich halten, um nicht mit ›shut up‹ zu kontern.«

Karolin Jäger braucht eine Auszeit. Gefrustet von ihrem Job und nicht sicher, wo für sie die Lebensreise hingehen soll, begibt sich die 27-jährige Krankenschwester auf den Jakobsweg. Aber nirgends steht geschrieben, dass die legendäre Wanderung nach Santiago und zu sich selbst ein Spaziergang ist …


Ein neues Buch über den Camino bzw. Jakobsweg? Das musste ich sofort lesen! Ich liebe Berichte über die Reise durch Spanien und auf anderen Wander- und Pilgerwegen. Auch die Inhaltsangabe sprach mich an und versprach eine lustige, unterhaltsame Lektüre.

Karolin Jäger, die Autorin des Buches, geht nach einer Äußerung ihr gegenüber, dass sie den Jakobsweg nicht schaffen würde, tatsächlich auf Pilgerschaft. Dabei betont sie, dass sie jemand ist, der normalerweise nicht einmal ungeschminkt den Müll rausbringt. Daher sind zum Beispiel die Übernachtungen in den Massenunterkünften ein Kontrastprogramm.

Der Schreibstil war immer gut, das muss man ihr lassen. Der gesamte Text wirkte überhaupt nicht wie ein Tagebuch, sondern wie ein Bericht. Die Aufteilung in Tage und die Angaben zu den gelaufenen Kilometern etc. fand ich immer spannend. Das waren schöne, kleine Abschnitte, die das Buch einteilten und mich zum lesen anregten.

Am Anfang fand ich die Äußerungen und Darstellungen noch unterhaltsam. Das änderte sich allerdings ziemlich schnell. Andauernd bricht sie in Tränen aus. Sogar als sie noch nicht einmal am Weg angekommen ist, rollen die Tränen, als sie ihren Anschlussbus verpasst. Großes Drama. Und als dann während der Pilgerschaft auch noch die körperlichen Beschwerden dazukommen, hat sie kaum noch ein anderes Thema. Besonders über die Füße und deren Zustand wird ausführlichst berichtet.

Was mich übrigens stutzig gemacht hat: sie ist Krankenschwester, weiß aber nicht, dass Retard-Schmerzmittel ihre Wirkstoffe langsam abgeben und daher bei akuten Schmerzen nicht empfehlenswert sind? Oder das man ein schmerzendes Knie stützt? Von Gelkissen in den Schuhen zur Entlastung und doppelten Socken beim Laufen hat sie noch nie gehört, obwohl sie das Buch von Hape Kerkeling gelesen hat und sich im Vorfeld auch über Tipps für den Jakobsweg erkundigt hat? Da kam so einiges zusammen (und noch mehr, als ich hier aufgeführt habe), bei dem ich mich wirklich ziemlich wunderte.

Was mir das Buch allerdings tatsächlich vermiest hat, war die dauerhaft negative Einstellung der Autorin. Man merkt richtig, dass sie den Weg nur geht, weil sie etwas beweisen will. Von selbst wäre sie nie auf den Gedanken gekommen. Und das ist echt schade. Sie hat wirklich IMMER etwas zu meckern und zu kritisieren.
" Er erwiderte, dass er lange nicht mehr so gelacht habe und mich richtig cool fände, weil ich die Wahrheit ausspräche und nicht immer versuchte, alles schönzureden, wie es all die anderen hoffnungslosen Optimisten taten." Seite 241
Da kann die Unterkunft so traumhaft sein wie sie will, dann schnarchen halt die anderen Mitschläfer im Raum. Allgemein sind die Themen Unterkunft, Schlaf und kaputte Füße dauerhaft im Fokus. Wer Schilderungen zur Umgebung oder Beschreibungen von schönen Highlights des Caminos erwartet, wird enttäuscht. Die Autorin hat es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht nur von den hässlichen Seiten zu berichten, zum Beispiel dem unansehnlichen Grenzstein der letzten 100 km oder wie unbedeutend das Cruz de Ferro ist (und wie hässlich besonders die Lage sei). Nach 50% des Buches hatte ich einfach keine Lust mehr auf ihre andauernde Meckerei.
"Die Atmosphäre war insgesamt sehr liebevoll und herzlich, obgleich die Luft im Raum etwas modrig roch." 68%
Diese Reise war für sie lediglich eine Herausforderung an sich selbst, was grundsätzlich ja nichts Schlimmes ist. Aber ich verbinde mit dem Jakobsweg noch viel mehr als nur das. Daher konzentriert sie sich vermutlich auch vor allem auf die negativen Dinge, da man bei einer Herausforderung immer wieder großen Hürden ausgesetzt wird.
"Urplötzlich liefen mir die Tränen übers Gesicht, als ich endlich dieses blöde Ding mit meinem Namen darauf in den Händen hielt. Ich dachte an all die Zweifler und Ungläubigen aus meinem Bekanntenkreis. Denen hatte ich es gezeigt! Aber vor allen Dingen hatte ich es mir selbst bewiesen. Eine für mich fast unlösbar erscheinende Aufgabe, die ich ganz allein nur mit Sturheit und Willenskraft bewältigt hatte." Seite 316
Natürlich lernt sie auf dem Camino auch einige Leute kennen, mit vielen versteht sie sich blendend. Das sind die Highlights des Buches, wenn sie sich vor lauter Lachen den Bauch halten muss und sich kringelt.
Der Abschluss des Buches erschien mir dann allerdings gezwungen fröhlich. Das passte vorne und hinten nicht mit dem, was davor passiert ist überein. Es könnte allerdings auch am höheren Alkoholpegel liegen, dass sie plötzlich gut drauf war.


Dieses Buch ist ein Anti-Camino Buch. Wen sich Lust auf die Pilgerroute machen will, ist hiermit falsch beraten. In jedem anderen Bericht wird auch geschildert, dass es kein einfacher Pappenstiel ist diesen Weg zu laufen, dass die Füße schmerzen und die Unterkünfte unterirdisch sein können. Dazu muss man kein eigenes, weiteres Buch mit diesen Hauptthemen lesen. Außer, man ergötzt sich daran. Mir hat das leider nicht gefallen vermutlich bin ich da eher Fraktion Optimist. Daher vergebe ich nur zwei Sterne.

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Klappentext und Bild von www.amazon.de

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