Donnerstag, 15. November 2018

Phantastische Tierwesen 2 - Grindelwalds Verbrechen


Achtung, dieser Bericht enthält massive Spoiler.

Mit riesiger Vorfreude habe ich die Karten vorbestellt und an dem Tag der Vorpremiere sogar ein bisschen früher frei gemacht, um den Filmstart ganz entspannt um 16:45 Uhr zu genießen. Ich hatte mich in Schale geworfen mit Slytherin-Pullover, meinem schwarzen Hogwartsmantel und Zauberstab. Ich muss auch noch einmal betonen, dass ich von der Produktion die größten Erwartungen habe, größer geht es schon nicht mehr. Wirklich nicht. Eine so geniale Schriftstellerin steckt hinter der Geschichte und die Macher haben alle nötigen Ressourcen um ein Meisterwerk zu erschaffen. Folglich habe ich angenommen, dass es DER Film des Jahres schlechthin wird. Genauso gut wie der erste, wenn nicht sogar besser.

Berohlich und düster beginnt der Film mit den einfliegenden Logos. Ich hatte sofort eine Gänsehaut und freute mich. Eins muss man den Machern lassen: die Umsetzung und Gestaltung des Filmes ist grandios. Die Tierwesen sind gigantisch lebensecht und ich habe mich richtig in die Mode der 20er Jahre verliebt (besonders in die feschen Hüte der Damen, ich glaube ich muss mir mal welche zulegen). Das ist der große, große Pluspunkt des Films. Hier stimmt alles von vorne bis hinten. Die Detailverliebtheit merkt man überall. Das ist fantastisch.

Newts großes, neues Abenteuer. Na ja, seien wir mal ehrlich. Wenn man Newt aus der Handlung der Geschichte streichen würde - würde sich dann viel verändern? Er, beziehungsweise zufälligerweise sein Niffer, entwenden Grindelwald das Schmuckstück mit dem Blutfluch darin. Er bringt es zu Dumbledore, damit dieser es in den nächsten Filmen zerstören kann.
Das ist die einzig wirklich wichtige Handlung, die er tätigt. Und dies auch noch zufällig! Hätte zum Beispiel eine andere Figur aus Sentimentalität einen Niffler dabei gehabt, dann wäre Newt hier noch nicht einmal notwendig gewesen. Und sicherlich gäbe es noch andere Wege an das Schmuckstück zu kommen.
Damit hat es sich auch schon erledigt was Newt's "Kampf" angeht. Denn was Fans der Bücher wissen: am Ende kommt es zur Schlacht zwischen Dumbledore und Grindelwald. Heißt also, dass in den kommenden Filmen Newt immer mehr von Albus abgelöst wird, da dieser den großen Endkampf bestreiten wird.

Aber zurück zur Frage, was sich ohne Newt ändern würde. Tina würde weiterhin auf den Spuren von Credence wandeln. Sie will ja sowieso nichts mehr mit Newt zu tun haben, nachdem sie in einer Zeitung etwas falsch verstanden hat, sodass sie denkt, er habe sich mit Leta verlobt.
Dieser kurze, romantische Moment zwischen ihr und Newt war schön, keine Frage. Aber im Vergleich zum ganzen Film war es nur ein winziger Funke. Nach dem Ende von Teil 1 habe ich mehr Romantik und Knistern erwartet und erhofft. Aber scheinbar hat es ja nur bei den Nifflern ordentlich geknistert (der Nachwuchs ist übrigens sehr süß - Quietschalarm!).

Bei Jacob und Queenie würde sich vermutlich auch nicht viel tun. Irgendwann wäre es jemanden aufgefallen, dass er unter dem Zauber steht, und sie hätten ihn davon befreit. Immerhin ist das scheinbar in der Vergangenheit schon mehrfach passiert, denn er fragt sie (in etwa): "Wann wolltest du mich dieses Mal aufwecken? Wenn wir verheiratet sind und drei Kinder haben?" Dann ginge das Theater auch ohne Newt los. Sie folgt ihrer Schwester sowieso überall hin, also wäre auch sie am Ende bei Grindelwald gelandet.
Wieso entscheidet sie sich eigentlich für Gellert und gegen Jacob? An den Ideen von Gellert findet sie doch nur gut, dass Hexen und Zauberer angeblich mit jedem zusammen sein dürfen, den sie wollen. Grundsätzlich eine gute und unterstützenswerte Idee. Und dann verlässt sie Jacob und geht zu Gellert? In meinen Augen wird sie zu schnell als "verrückt" abgestempelt. Und es ist nicht gerade toll, dass dies mehrfach wiederholt wird.

Sowieso finde ich den Handlungsstrang der beiden mit am schlechtesten im ganzen Film. Jacob verliert am Ende des ersten Films seine Erinnerungen, kann sich aber (wie man an den Gebäckstücken erkennen kann) unterbewusst noch daran erinnern. Sie sehen sich, die Liebe flammt auf und Cut. Im nächsten Film sind sie dann plötzlich glücklich zusammen und er erinnert sich an "alle guten Dinge, denn man vergisst nur die Schlechten". Bitte was? Was soll das denn für eine schwache Erklärung sein? Liebloser hätte man das nicht mehr lösen können. Hätten sie es mit der tiefen Liebe der beiden begründet, die selbst einen solchen Zauber aushebeln kann, wäre ich vollkommen damit einverstanden gewesen. Aber das? Nein!
Die schauspielerische Leistung von Queenie ist leider auch unter aller Kanone. Im ersten Teil war sie noch wunderbar skurril und liebenswert. Doch plötzlich verhält sie sich unberechenbar und übertreibt in allen Bereichen. Ein typischer Fall von Overacting würde ich sagen. Schade, sie war eine meiner Lieblingsfiguren. Dieses stark übertriebene Gehabe passt nicht.
Die letzte Szene mit ihr fand ich aber wieder grundsätzlich interessant. Sie wirkte gefasst und selbstsicher. Wenn sie sich wirklich an der Seite von Grindelwald wohlfühlt und sich gegen ihre Schwester wendet, dann hat die Rolle noch großes Potential für die zukünftigen Filme. Eine "böse" Queenie, das wäre doch was. Aber den zweiten Film lassen wir dann besser unter den Tisch fallen, der hat der Rolle nicht gut getan.

Die Geschichte von Leta und Theseus entwickelt sich auch komplett unabhängig von Newt. Sie arbeiten für das Ministerium und sind Grindelwald daher auf dem Fuß. Schade fand ich, dass nicht aufgelöst wurde, warum sich Leta für Newts Bruder entschieden hat. Sie hat definitiv noch Gefühle für ihn. Oder habe ich hier etwas verpasst?

Gellert Grindelwald himself kann über den kleinen Newt nur lachen. Tierwesen sind ihm egal, was man schon in der Kutsche erkennen kann, als er den Chupacabra hinaus wirft (kurz hatte ich gedacht, dass man etwas Sympathie für ihn empfinden könnte, doch das hatte sich damit erledigt).
Die Flucht von ihm wurde auch nicht komplett erklärt, ich kann es mir nur zusammenreimen. Er hat vermutlich den Wärter so lange bequasselt, bis dieser seinem Charme verfallen ist. Dann hat der Wärter Vielsafttrank besorgt und sie tauschten die Rollen.
Bei mir kamen natürlich direkt Fragen auf. Erstens dauert das Brauen des Tranks mehrere Wochen, bei denen man auch noch die Mondphasen beachten muss. Da die Wachen mehrfach ausgetauscht wurden, kann die letzte Wache nicht allzu viel Zeit gehabt haben. Einzige mögliche Lösung: er hat den Trank irgendwo fertig gekauft.
Das zweite Problem ist die Dauer der Verwandlung. Der Trank hält nur für eine Stunde an. Also hätten sowohl Grindelwald, als auch die Wache, permanent den Trank zu sich nehmen müssen. Ich glaube aber kaum, dass Grindelwald jede Stunde in die Zelle gegangen ist um dem falschen Grindelwald den Trank einzuverleiben. Außerdem haben sie dem falschen Gellert auch die Zunge abgeschnitten - also können sie nicht kurz vorher die Rollen getauscht haben, oder? Doch das wäre die einzige Möglichkeit, die übrig bliebe. Sie haben, kurz bevor er verlegt werden sollte, die Rollen getauscht in der Hoffnung, dass der Trank lange genug anhält. Und Grindelwald hat sich seine Zunge selbst wieder "angehext" und dafür die des Wächters entfernt. Na ja, ihr seht, Verwirrung überall. Und das war der Einstieg des Films! Es ging also schon einmal unbefriedigend los. Und so zog es sich leider durch den ganzen Film.

Nicolas Flamel ist ein unnötiger Charakter, der einfach nur eine Verbindung zu HP bilden soll. Ein gebrechlicher, alter Mann muss Grindelwald aufhalten, indem er seinen Zauberstab in den Boden steckt und einen Zauber wirkt, der jedoch nur funktioniert wenn alle anderen ihm dabei helfen? Ich glaube auf die Idee wären die Personen vom Ministerium vor Ort auch alleine gekommen. Unnötig.

Credence und Nagini (die übrigens immer nur mit großen Augen an seinem Arm hängt) gehen ihren eigenen Weg auf der Suche nach seiner Mutter. Da Fans wissen, wer Nagini ist (Schlange von Voldemort aka ein Horkrux), wird sie sicher noch eine größere Rollen spielen. Trotzdem hat sie in meinen Augen zu viel unnötige Screentime. Der ganze Zirkus ging mir sowieso ziemlich auf den Sack. Der "Direktor" unternimmt nichts dagegen, dass eine seiner Attraktionen sich einfach aus dem Staub macht? Keine Verfolgung, er reist einfach weiter? Unglaubwürdig. Da wurde mal wieder einfach nur eine provisorische Hintergrundgeschichte hingeklatscht, damit man die Person einführen konnte. Lieblos!
Credence ist übrigens erstaunlich gefestigt in diesem Film. Nagini scheint ihn zu erden, denn er verwandelt sich nur ein einziges Mal. Apropos Credence. Er ist wie ein "wo ist Waldo" für magischen Welt. Alle sind auf der Suche nach ihm. 

Die Szene mit Newt auf dem ehemaligen Zirkusplatz ließ mich auch nur den Kopf schütteln. Igendwie war alles komisch daran. Sein Rumgehüpfe und wie er die Goldpartikel in die Luft bläst. Das wirkte ziemlich merkwürdig. Und dann leckt er auch noch den Boden ab? An dieser Stelle reagierte das versammelte Publikum unisono mit einem "Iiiih".

Übrigens hat er "die" Niffler mitgenommen nach Paris, doch man sieht immer nur ein erwachsenes Tier. Wo sind die Babys hin? Wieder eingesperrt im Käfig in den Tiefen des Koffers? Gemeinheit! Das fand ich sehr schade. Außerdem waren die Niffler und Pickett, soweit ich es mitbekommen habe, die einzigen Tierwesen, die man aus Teil 1 noch einmal wiedersieht. Ansonsten tauchen nur neue Wesen auf, teilweise in winzig-kurzen Szenen. Es kommt mir so vor, als ob man so viele Tiere wie nur möglich in den Film quetschen wollte. Ist immerhin gut für das Merchandising. Katzenfans kommen übrigens auf ihre Kosten mit den Matagots und Zouwu. Wenn ich mir allein anschaue wie viele Funko Pops mit Tierwesen erscheinen, ist das eine unglaublich große Geldmaschine. Und so zieht sich das ja durch alles durch. Btw, ganz unabhängig vom Film: 1001 Newts als Funko Pop, aber keine Leta, keine Nagini (in Menschenform), kein Credence, ...

Die Rückkehr nach Hogwarts hat man schon im Trailer gesehen. Eine Überraschung war allerdings, dass man die junge McGonagall zu sehen bekommt. Allerdings ist sie etwa Jahrgang 1919 geboren worden, sodass sie zu dem Zeitpunkt definitiv keine erwachsene Lehrerin sein kann. Aber egal, Logik braucht man in der Zaubererwelt nicht.
Über das Apparieren auf die Brücke von Hogwarts habe ich mich übrigens schon beim Trailer geärgert. Hogwarts ist ein geschützter Ort, dorthin kann man nicht apparieren! Wenn, dann nach Hogsmeade.

In Hogwarts fühlte ich mich direkt wieder wie Zuhause. Gerne hätte ich mehr Szenen dort gesehen. Hoffentlich kommt das in den nächsten Filmen, wenn es mehr um Dumbledore gehen wird. Ich möchte auch wieder etwas von der Umgebung sehen, das wäre schön.

Das franzöische Ministerium hat mir auch gut gefallen. Besonders der Eingang war wieder einfallsreich gelöst. Das wirkte sehr verwunschen und magisch. Toll war auch die Statue, durch deren Sockel die Zauberer in den magischen Part der Stadt gelangen konnten. Sehr elegant und sicher ein tolles Stück für die HP Sammlung.

Ah ja, die Komik. Gab es wirklich lustige Stellen? Nö. Herzlich gelacht habe ich nicht einmal. Einen richtigen Schreckmoment gab es dafür. Das kann aber auch daher rühren, weil sich meine Sitznachbarin so erschrocken hat (in dem Moment, als Nagini in die Wand gezogen wurde). Man wusste, dass da gleich etwas passiert. Aber es war doch ein kleiner Schockmoment.

Übrigens, das riesige, gigantische Geheimnis, das alle so in den Himmel loben, ist scheiße! Achtung, ich schreibe das Geheimnis in weißer Schrift. Dann könnt ihr es markieren und lesen, oder einfach weglassen: Credence soll ein Dumbledore sein. Genauer gesagt Aurelius Dumbledore, der verlorene, jüngere Bruder von Albus. 
WTF? Das passt auf so vielen Ebenen nicht! Schaut euch doch einmal den Altersunterschied an! Das geht schon überhaupt nicht. Und außerdem wird im 7. Band mit keinem Wort eine solche Person erwähnt, NIE!
Nach dem Kinobesuch habe ich Zuhause recherchiert, was andere User im Netz dazu sagen. Und die für mich plausibelste Lösung ist diese: Grindelwald hat gelogen, damit der große Bruder als "Bösewicht" dasteht und Credence sich gegen ihn wenden wird.
Egal wie die Macher diesen angeblichen "Fakt" später noch ausarbeiten. Für mich passt es nicht. Da müsste Frau Rowling schon ein gewaltiges Kaninchen aus dem Hut zaubern um das logisch zu erklären. Und übrigens hat sich der Vogel nicht selbst in einen Phönix verwandelt, sondern Grindelwald hat ihn in einen verzaubert.

Am besten hat mir übrigens Dumbledore gefallen. Die schauspielerische Leistung von Jude Law ist meisterlich. Besonders dieses Funkeln in den Augen, durch das sich auch der alte Dumbledore ausgezeichnet hat, hat er wirklich drauf. Er stiehlt Newt definitiv die Show. Hätte er mehr Zeit bekommen, wäre dies schon sein Film gewesen. Vielleicht sollten wir den Titel umdichten in "Fantastic Beards - a man grows on his fights, and his beard aswell".

Zum Titel muss ich auch noch ein paar Worte verlieren. "Grindelwalds Verbrechen"? Was hat er denn verbrochen? Er ist geflohen, uiuiui, der böse Kerl. Übrigens widersetzt sich Newt auch den offiziellen Anweisungen und reist illegal nach Paris. Nicht ganz so schlimm wie ein Ausbruch, aber auch er hat keine weiße Weste. Ansonsten werden ein paar Leute im Fahrtwasser von Grindelwald getötet (noch sehr überschaubar) und er ruft seine neuen Anhänger zu einer Versammlung zusammen. Er schafft es noch nicht einmal Paris zu zerstören. Da war Credence im ersten Film besser drauf. Also bei dem Titel hätte ich viel mehr Verbrechen erwartet. Ich denke, der Titel wäre für einen der späteren Filme besser gewesen.

Ich hatte eigentlich geplant den Film mindestens noch einmal im Kino zu schauen, doch das werde ich mir sparen. Lieber kaufe ich ihn mir später als Blu-ray und schaue dann beide noch einmal hintereinander.

Fazit:

Ein unterhaltsamer Film mit tollen Effekten. Wer allerdings auf Logik steht oder sich mit HP auskennt, wird graue Haare bekommen. Es ist ein reiner Lückenfüller, der neue Personen einführt, die in den nächsten Filmen vermutlich wichtig werden. Lieblose Hintergrundstories  gepaart mit einer Masse an Charakteren lassen den Film sprunghaft wirken. Es gibt allgemein sehr viele unnötige Szenen, die man besser in eine ausgefeiltere Story gesteckt hätte. Er ist der bislang schwächste Film aus dem HP Universum, auch wenn er "gut" ist.

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